Mittwoch, 27. März 2019

Albert Camus - Hochzeit des Lichts - Boboli Gärten

In den Boboli-Gärten hängen riesige goldene Kakifrüchte in Reichweite meiner Hand. Ein zäher Sirup sinterte aus ihrem aufgebrochene Fleisch. Die sanften Hügel und die saftquellenden Früchte; die brüderlich geheime Verbundenheit mit der Erde und der Hunger, der mich nach den Goldfrüchten über mir greifen ließ - ich empfand das schwanke Gleichgewicht dieser Dinge, das gewisse Menschen von der Askese zum Genuss und von der Entsagung zu hemmungsloser Wollust treibt.

Ich bewunderte und bewundere auch heute dieses Bündnis von Mensch und Erde, diese doppelte Wechselwirkung, in die mein Herz eingreifen und seinem Glück diktieren darf bis zu jener genau bestimmten Grenze, wo die Erde es vollenden oder zerstören kann.

Florenz! Einer der wenigen Orte in Europa, wo ich begriff, dass im innersten Kern meiner Auflehnung ein Einverständnis schlief. Unter seinem aus Tränen und Sonne gemischten Himmel lernte ich, ja zur Erde zu sagen und in der düstern Flamme ihrer Lebensfeier zu verbrennen. Ich ertrug... Aber was? Welches Wort? Welches Übermaß? Ich ertrug die Erde! In diesem großen Tempel, aus dem die Götter geflohen sind, haben alle meine Idole tönerne Füße.